Mein Erfahrungsbericht: Eine Ayahuasca-Zeremonie in Peru
Ort: Iquitos, Peru
Datum: August 2024
Dauer der Reise: 10 Tage (inkl. 3 Zeremonien)
Vorerfahrung mit Psychedelika: Leicht (1x Psilocybin vor Jahren)
Ankunft im Dschungel
Ich war nervös. Der Flug nach Iquitos war lang, der letzte Teil der Reise führte über den Amazonas mit einem Boot. Der Rückzugsort lag abgeschieden mitten im peruanischen Regenwald – fernab von jeglicher Zivilisation. Dort angekommen wurde ich herzlich von den Organisatoren empfangen. Die Gruppe bestand aus acht Menschen – aus aller Welt angereist, alle mit unterschiedlichen Intentionen. Manche suchten Heilung, andere Klarheit. Ich suchte beides.
Vorbereitung & Diät
Vor der Reise hatte ich bereits zwei Wochen lang auf Kaffee, Alkohol, Fleisch, Salz und Zucker verzichtet – sogenannte „Dieta“. Vor Ort gab es einfache vegane Mahlzeiten, viel Ruhe und täglich Meditationen. Die Schamanen erklärten, dass Ayahuasca kein „Trip“ sei, sondern ein spiritueller Lehrer. Der Respekt war spürbar, fast ehrfürchtig.
Am Tag der ersten Zeremonie verspürte ich eine Mischung aus Nervosität und Neugier. Ich hatte gelesen, dass Ayahuasca tiefgreifende psychische Prozesse auslöst, begleitet von starker Übelkeit (das sogenannte „Purge“).
Zeremonie 1: Der Schleier fällt
Die Zeremonie fand nachts in einem Maloka statt – einer runden Hütte mit Moskitonetz und Kerzenlicht. Jeder bekam eine Matratze, einen Eimer, Wasser, Taschentücher. Der Schamane – ein alter Shipibo-Heiler – sang die ersten Icaros (rituellen Lieder). Dann wurde die braune, bittere Ayahuasca gereicht. Ich trank, setzte mich hin und wartete.
Nach etwa 45 Minuten begannen die ersten Effekte: visuelle Muster, ein leises Summen, dann plötzlich – wie ein Sog – ein Ziehen nach innen. Ich „fiel“ in mich hinein. Es war, als würde sich mein Bewusstsein auflösen und in ein kollektives Gedächtnis eintauchen. Bilder meiner Kindheit tauchten auf, Momente, die ich längst vergessen hatte. Dann kam eine Welle aus Emotionen: Schuld, Angst, Trauer – als würde mein Innerstes gereinigt. Ich weinte. Ich übergab mich. Ich fühlte mich danach wie leergefegt.
Gegen Ende der Nacht fühlte ich eine immense Leichtigkeit. Der Dschungel klang wie ein Orchester, als hätte ich ihn zum ersten Mal wirklich gehört. Ich spürte Frieden.
Zeremonie 2: Der Schatten
Die zweite Nacht war herausfordernd. Ich hatte gehofft, wieder eine sanfte Erfahrung zu machen – aber Ayahuasca entscheidet selbst, was sie zeigt.
Diesmal wurde ich mit meinen tiefsten Ängsten konfrontiert. Eine dunkle Präsenz, die sich wie eine Prüfung anfühlte, stellte mich vor mein innerstes Selbst. Ich hatte das Gefühl, zu sterben – nicht körperlich, sondern im Ego. Ich kämpfte, verlor mich in Gedanken, geriet in Panik. Doch der Schamane sang direkt neben mir, und plötzlich beruhigte sich mein System. Der Gesang schien eine Art spirituelles GPS zu sein, das mich zurückführte.
Am nächsten Morgen war ich erschöpft, aber dankbar. Ich hatte gelernt: Nicht alles, was sich schlecht anfühlt, ist schlecht. Oft steckt hinter der Angst eine Erkenntnis.
Zeremonie 3: Die Integration
Die dritte Zeremonie war leicht, fast euphorisch. Ich spürte eine Verbindung zu allem – Natur, Menschen, dem Universum. Ich sah mich selbst als Teil eines großen lebendigen Organismus. Ich empfand tiefe Liebe – zu mir selbst, zu meiner Familie, sogar zu Menschen, die mir wehgetan hatten. Diese Liebe war nicht sentimental, sondern radikal klar und verzeihend.
Ich hatte das Gefühl, das Leben verstanden zu haben – nicht in Worten, sondern in Gefühl. Ayahuasca hatte mir nicht „die Wahrheit“ gegeben, sondern mein Herz geöffnet.
Nach der Rückkehr
Zurück in Deutschland begann die eigentliche Herausforderung: Integration. Ich hatte große Erkenntnisse erfahren, doch das tägliche Leben wollte mit ihnen in Einklang gebracht werden. Ich begann zu meditieren, führte ein Tagebuch, sprach mit einer Therapeutin.
Ich kann nicht sagen, dass Ayahuasca alle meine Probleme gelöst hat. Aber sie hat mir Werkzeuge gegeben – und ein neues Verhältnis zu mir selbst.
Ayahuasca ist kein Freizeitspaß, kein Drogentrip und kein Allheilmittel. Es ist eine uralte Medizin, die in den richtigen Händen tief transformierend wirken kann – aber auch herausfordernd, dunkel und unberechenbar ist.
Ich würde jedem, der darüber nachdenkt, raten:
Geh mit ehrlicher Absicht.
Suche eine erfahrene, seriöse Begleitung.
Sei bereit, zu fühlen – auch das, was du lange verdrängt hast.
Ich bin nicht mehr derselbe Mensch wie vor dieser Reise. Und das ist gut so.
Erfahrungsbericht: „Ich traf mich selbst – und verzieh mir“
Teilnehmerin: Anna, 34 Jahre
Hintergrund: Marketing-Managerin, Burnout, Beziehungskrise
Ort der Zeremonie: Andalusien, Spanien
Leitung: Weibliche Schamanin, deutsch-peruanischer Hintergrund
Dauer: 5 Tage, 2 Zeremonien
Warum Ayahuasca?
Ich war an einem Punkt in meinem Leben, an dem ich nicht mehr weiterwusste. Job, Beziehung, Familie – nach außen lief alles „gut“, aber innerlich fühlte ich mich leer, abgetrennt von mir selbst. Als mir eine Freundin von einer Ayahuasca-Zeremonie in Spanien erzählte, hielt ich es erst für esoterischen Unsinn. Doch irgendetwas ließ mich nicht los. Vielleicht war es die Hoffnung auf echte Veränderung – nicht kosmetisch, sondern tiefgreifend.
Ankunft im Retreat
Der Ort war ein kleines Retreat-Zentrum in den Bergen von Andalusien. Natur pur. Ich war mit acht anderen Frauen dort – alle auf der Suche nach etwas. Die Leiterin, Maria, hatte eine ruhige, geerdete Ausstrahlung. Keine große Show, kein Räucherstäbchen-Hokuspokus – sondern Präsenz, Erfahrung und viel Mitgefühl.
Am ersten Abend sprachen wir über unsere Intentionen. Ich sagte: „Ich möchte lernen, mich selbst nicht mehr klein zu machen.“
Zeremonie 1: Die Mauern brechen
Die erste Nacht begann still. Wir tranken die bittere Brühe, jeder in seinem Kreis aus Decken und Kissen. Ich war nervös, aber vorbereitet. Ich hatte mich an die Diät gehalten, war körperlich und mental bereit – dachte ich zumindest.
Nach etwa 40 Minuten fühlte ich ein inneres Vibrieren, als ob mein ganzes System sich neu sortieren würde. Farben, Muster, Töne – es begann sanft. Doch plötzlich tauchte ein Bild auf: Ich sah mich selbst als kleines Kind – traurig, verängstigt, überfordert. Ich brach in Tränen aus.
Dann kam eine Welle aus Schmerz. Nicht körperlich, sondern seelisch. Ich spürte, wie viele Jahre ich damit verbracht hatte, mich zu verbiegen, zu gefallen, zu funktionieren. Ich übergab mich. Ich weinte. Ich schrie leise – nicht aus Panik, sondern aus Erleichterung. Ich hatte das Gefühl, dass etwas in mir aufbrach – eine Mauer, die ich selbst nie bemerkt hatte.
Maria kam leise zu mir, legte ihre Hand auf mein Herz. Sie sagte nichts. Aber ich fühlte mich gehalten.
Später in der Nacht wurde es friedlich. Ich lag einfach nur da und fühlte mich wie ein verletztes, aber geliebtes Wesen. Zum ersten Mal seit Jahren spürte ich Mitgefühl – für mich selbst.
Zeremonie 2: Der Ruf der Ahnen
Die zweite Zeremonie war… anders. Tiefer. Ich hatte das Gefühl, von einer weiblichen Präsenz „gerufen“ zu werden. Nicht in Worten – eher in Bildern, Energien. Ich sah Gesichter von Frauen – meine Mutter, Großmutter, Urgroßmutter. Ich spürte ihre Trauer, ihre Kraft, ihre Geschichte. Es war, als würde ich mich durch sie selbst besser verstehen.
Dann wurde ich mit etwas konfrontiert, das ich lange verdrängt hatte: meiner eigenen Wut. Ich hatte gelernt, „lieb“ zu sein, angepasst, diplomatisch. Aber in mir tobte ein Sturm. Und in dieser Nacht durfte ich ihn spüren. Ich schlug auf ein Kissen, ich schrie leise in den Himmel. Und dann – wieder Tränen. Dieses Mal Tränen der Befreiung.
Ich bekam eine klare Botschaft: Du bist nicht hier, um perfekt zu sein. Du bist hier, um echt zu sein.
Nachklang & Integration
Die Tage nach der Zeremonie waren ruhig. Ich war leer, aber nicht verloren – eher durchlässig. Ich ging viel spazieren, schrieb seitenweise in mein Tagebuch, weinte zwischendurch ohne Grund – oder gerade mit sehr gutem Grund.
Zurück in Deutschland begann ich, meine Prioritäten zu verändern. Ich trat einen Schritt im Job zurück, begann mit therapeutischem Schreiben, suchte echte Begegnung statt Bestätigung. Die Beziehung, in der ich war, hielt diesem Wandel nicht stand – aber ich konnte zum ersten Mal loslassen, ohne Schuldgefühl.
Fazit
Ayahuasca war für mich keine „Lösung“, sondern ein Spiegel. Ich sah Dinge, vor denen ich jahrzehntelang davongelaufen war. Aber in diesem Spiegel war auch Trost, Wahrheit, sogar Liebe. Die Pflanzenmedizin hat mir nicht gesagt, was ich tun soll – sie hat mir gezeigt, wer ich bin, wenn ich aufhöre, mich zu verstecken.
Ich würde es wieder tun – aber nur mit Respekt, in sicherem Rahmen und mit klarer Intention. Denn eines habe ich gelernt: Die größte Reise ist die zu sich selbst. Und Ayahuasca kann ein sehr ehrlicher, manchmal schonungsloser, aber heilsamer Wegweiser sein.